Ijen

Schwefelabbau im Krater von Kawah Ijen

Es ist vermutlich das Krasseste, was ich auf dieser Reise erleben und eine Erfahrung, die ich wohl nie vergessen werde: Die Schwefelmine am Kawah Ijen.
Dort hin zu gelangen ist jedoch erst mal wieder eine mittlere Odyssee. Stundenlange Fahrten, eingepfercht in stickigen Bussen bei größtmöglicher Hitze. Auch wenn das schon beinahe der Alltag ist, spurlos gehen diese Ritte auch an mir nicht vorüber. Und so komme ich spät und ausgelaugt in Paltuding, direkt am Fuße des Ijen an.

Ijen ist der Name eines Vulkankomplexes in Jawa Timur, der östlichsten Provinz der indonesischen Insel Java. Am bekanntesten in diesem riesigen Komplex, dessen Basisdurchmesser 75 km beträgt, ist der Kratersee Kawah Ijen, der von manchen Geologen als „das größte Säurefass der Erde“ bezeichnet wird. Direkt am Seeufer befindet sich eine der aktivsten Solfataren der Erde. Die bis zu 240 °C heißen Fumarolen lagern dort die bedeutendste Schwefelansammlung Indonesiens mit bis zu 8 Meter dicken Schwefelbänken ab. Im Jahre 1968 fand dort die offizielle Eröffnung einer Schwefelmine statt. Seither fördern Arbeiter aus der lokalen Bevölkerung hier unter widrigsten Bedingungen Schwefel zu Tage. Wie sich später noch herausstellen soll, eine Arbeit die nicht nur gefährlich sondern geradezu lebensfeindlich ist. Offiziell ist es deshalb auch verboten dort hinab zu steigen, aber weil es Indonesien ist, kann man es eben doch tun – auf eigene Gefahr. Und genau das habe ich vor.

Bei klirrend kaltem aber sternenklarem Himmel mache ich mich morgens früh um 3 Uhr auf den Weg nach oben. Nach einem knapp einstündigen, steilen Fußmarsch erreiche ich noch bei völliger Dunkelheit den Kraterrand. Ein Minenarbeiter bietet mir an, mich mit nach unten zu nehmen. Ich gehe mit und lege mir vorsichtshalber schon mal meine provisorische „Gasmaske“ an – eine OP-Maske getränkt in Tigerbalsam. Sie soll helfen, den bissigen Schwefeldampf zu mildern. Doch dann erwischt es mich blitzartig und in unverhoffter Härte. Denn “bissig” ist nicht mal ansatzweise ein Ausdruck dafür, was nach ein paar Metern abwärts plötzlich aus dem Nichts heraus emporsteigt und uns völlig umhüllt. Eine dichte Schwefelwolke reißt mir direkt die Luft weg. Es ist unbeschreiblich wie scharf und jäh dieser Giftqualm in meine Nase und in meine Lungen steigt. Panikartig schnappe ich nach der fehlenden Luft. Die Arbeiter um mich herum schmeißen sich zu Boden und stopfen sich ihre in Wasser getränkten Stofffetzen in den Mund, das hilft angeblich den Schwefeldampf ein wenig herauszufiltern. Ich mache es Ihnen nach, zerreiße mein T-Shirt und versuche mit tränenden Augen irgendwie zu Luft zu kommen. Alle husten, spucken und stöhnen. 20 Sekunden später gibt es endlich ein Luftloch – jetzt schnell durchatmen. Diese Szene wiederholt sich dann diverse Male auf dem steilen Weg nach unten. Absolut unvorstellbar, dass die Minenarbeiter das jeden Tag durchmachen müssen und dabei auch noch Schwerstlasten schleppen.

Unten angekommen folgt dann die Belohnung für die Strapazen. Direkt vor mir tut sich ein so genanntes „Blue Fire“ auf. Durch Überhitzung entzündet sich gelegentlich der Schwefel von selbst und fließt als hellblau brennender Strom in den See. Dessen Leuchtkraft bietet insbesondere in der Nacht ein unglaubliches Schauspiel. Ich hatte schon viel darüber gelesen und gehört, aber es nun mit eigenen Augen zu sehen – unbeschreiblich.
Unbeschreiblich sind allerdings auch die Bedingungen unter denen die Arbeiter hier Schwefel fördern müssen. Mit Eisenstangen und teilweise mit den bloßen Händen brechen die Arbeiter den gerade erst erkalteten Schwefel aus dem Boden. Anschließend befördern sie die abgebrochenen Stücke in zwei Bambuskörben über den 200 m höher liegenden Kraterrand zu Tal, immer wieder eingehüllt in dieser vernichtenden Schwefelwolke. Bezahlt wird nach Gewicht: 60 kg für ungefähr 3 Euro. Bei maximal zwei Fuhren pro Tag verdienen die Arbeiter im Schnitt also 6 Euro. Wahnsinn! Ich werde mich nie wieder über schwere Arbeit beklagen können.

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Übernachtung am Fuße des Ijen Vulkans. Übernächtigt von einem langen und anstrengenden Tag unterwegs auf Schlaglochpisten schläft es sich auch auf dem Boden ganz gut.

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Um 3 Uhr in der Früh geht es los. Unter dem Dach eines einzigartigen Sternenhimmels, wandere ich auf den Ijen.

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Oben angekommen, nimmt mich ein Minenarbeiter mit hinab in den Krater des Ijen.

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Gespenstische Atmosphäre.

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Während meines des Abstiegs, kommen mir die ersten Minenarbeiter bereits entgegen – vollbepackt mit einer Ladung Schwefel.

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Schwefel,  das flüssige Gold des Ijen.

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Schwefelabbau in der Nacht.

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Der  aufsteigende Schwefel reißt einem jäh die Luft weg!

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Und plötzlich entflammt das “Blue Fire”

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Unwirkliche Szenen.

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Wenn Schwefel Feuer fängt leuchtet es blau.

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Der halbe Krater steht in Flammen.

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Als die Sonne aufgeht kommt allmählich die Orientierung: Am Ufer des Kratersees entsteht der Schwefel und auch der damit verbundene Rauch. Bei ständig wechselnder Windrichtung ist es unvermeidbar dass diese Giftwolke einem beim Abstieg in den Krater direkt entgegenkommt. Ausweichen unmöglich.

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Unvorstellbar, dass die Arbeiter in diesen Bedingungen jeden Tag schuften müssen.

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Überbrücken.

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Schwefelabbau

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Mit bloßen Händen.

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Entkommen.

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Unten angekommen in der Schwefelmine am Kawah Ijen.

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Verschleiß.

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Ohne Maske geht gar nichts. Und mit Maske eigentlich auch nicht. Der Schwefedampf ist kaum auszuhalten.

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Mit Tigerbalsam kann man den beißenden Geruch ein wenig übertünchen.

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Die meisten Arbeiter atmen durch feuchte Stofffetzen. Das hilft ein wenig den unerträglichen Geruch herauszufiltern.

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Flucht für Luft.

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Schwefeldämpfe werden durch ein ausgeklügeltes System von etwa 10 m langen und 50 cm dicken Rohrleitungen zu tiefer liegenden Entnahmestellen geleitet…

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wo der Schwefel als 110 bis 120 °C heiße zähflüssige orange- bis rotfarbige Masse austritt und erst nach Abkühlung sich in ein leuchtendes Gelb verwandelt.

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Arbeiter brechen mit Eisenstangen…

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… den gerade erkalteten Schwefel aus dem Boden…

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… und tragen ihn zu ihren Körben.

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Arbeiten am Limit.

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Die Schwefelblöcke werden zurecht geschlagen.

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Aufsatteln für den Weg nach oben.

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Blick auf den Kratersee.

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Bis zu sechs Tonnen Schwefel werden auf diese mühsame Weise täglich zu einer Sammelstelle getragen, eine Menge, die täglich von der Solfatare wieder ausgeglichen wird.

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Schwerstarbeit.

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Verschnaufpause.

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Unglaublich welchen Frohmut sich manche Arbeiter trotz dieser Bedingungen bewahrt haben. Lachen macht eben vieles leichter.

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Der im Ijen-Krater eingebettete See Kawah Ijen ist 960 m lang, 600 m breit und bis zu 200 m tief. Das Wasser dieses Sees reagiert extrem sauer: Analysen in den Jahren 2005 und 2006 haben im See einen pH-Wert unter 0,3 gemessen.

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Mit seinem säurehaltigen türkisfarbigen Wasser und seiner heftig dampfenden Solfatare ist er zwar ein eindrucksvolles, aus Sicherheitsgründen aber nicht immer frei zugängliches Ziel.

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Fleißarbeit.

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Ehrfurcht.

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Die Temperatur des Seewassers unterliegt starken Schwankungen. Der bislang höchste Wert beträgt 48,1 °C, gemessen am 13. Juli 2004.

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Spuren der Verwüstung.

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Manchen Arbeiten sind ohne Gasmaske unmöglich..

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5 Stunden bin ich bei den Arbeitern im Krater. Ich habe größten Respekt vor dem was von den Arbeitern geleistet wird.

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Auszeit.

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Kameraden.

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Verheizt.

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Löschkommando.

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Mittendrin.

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Schafft er das?

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Inferno.

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Rückweg.

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75 Kilogramm auf der Schulter und trotzdem ein Lachen im Gesicht.

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Der Blick von oben auf Kawah Ijen.

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Abstieg verboten.

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Der lange Weg zurück.

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Volle Ladung.

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Mein Rucksack ist jetzt unbrauchbar.

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Ich bin froh, wieder oben zu sein.

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Geschafft!

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Jetzt geht es bergab ins Dorf.

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Bezahlt wird nach Gewicht.

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Bis aufs Gramm genau.

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63 Kg = 50.000 Rupiah = 3 Euro!

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Kraftpaket

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Aufladen auf den Laster.

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Die Fracht führt zur Zuckerfabrik. Schwefel wird verwendet zum Weißen von Zucker.

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Fähre nach Bali. Im Hintergrund grüßt noch einmal der Ijen.

Fun Facts:
– Der Ijen Vulkan gilt als so unberechenbar, dass Gefahrenzonen von 8 und 12 Kilometern Durchmesser festgelegt worden sind. 1976 erstickten bei einem Gasausbruch 49 von 50 Schwefelarbeitern. 1989 starben weitere 25 Schwefelarbeiter.
– Früher floss nach heftigen Regenfällen das säurehaltige Wasser des Kawah Ijen über den westlichen Kraterrand, vereinigte sich auf dem Ijen-Plateau mit den Zuflüssen des Banyupahit, und richtete große Schäden in der von Reisfeldern und Zuckerplantagen bestandenen nördlichen Küstenebene an. Im Jahre 1921 hat man in den Überlauf des Kawah Ijen eine Schleuse gebaut, die das eigenmächtige Abströmen des sauren Wassers verhindert. Die Mauern dieser Schleuse besteht aus Schwefelblöcken, da andere Baumaterialien dem sauren Wasser nicht standhalten.

(Quelle: Wikipedia)

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2 Responses to Schwefelabbau im Krater von Ijen

  1. Hubertus Hübner sagt:

    Sehr geehrter Herr Lohmueller,

    ich kenne das alles, denn ich war auch da. Ich habe v
    lange Zeit beruflich auf Java, Indramayu gelebt und den Bromo und Semeru neben einigen anderen Vulkanen besucht. Aber an den Kratersee habe ich meinen Fotoapparat nicht mit hinunter genommem. Ich hatte zu viel Angst davor, dass ich meine Kamera da unten ruiniere.
    Ich habe eine Frage/ Bitte: Ich bin seit ein paar Jahren Rentner und arbeite mein berufliches Leben auf. Dazu mache ich mir Alben, die nach
    Land und Leuten geordnet sind. Vom Kawa Ijen aber habe ich kein einziges Bild. Kann ich bitte von Ihnen ein paar dieser Bilder kaufen? Sie werden absolut nicht kommerziell, sondern nur für mich allein privat genutzt. So habe ich meine Reise vollständig dokumentiert.
    Ich war über Weihnachten und Silvester 2008/2009 am Bromo in Nadas Malang.
    Wenn Sie einverstanden damit sind, lassen Sie mir bitte Ihren Preis zukommen.
    Wenn Sie möchten, können Sie von mir Tankuban Perahu, Merapi und Bromo- Batok-Semerubilder haben. Ich habe sie in excellenter Qualität.

    Freundliche Grüße

    H. Hübner

    • admin sagt:

      Hallo Herr Hübner, vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihren schönen Kommentar. Sehr gerne unterstütze ich Sie mit meinen Fotos für Ihre Fotoalben. Schicken Sie mir doch am Besten per e-mail (siehe “Kontakt”) Ihre Kontaktdaten, dann melde ich mich gerne bei Ihnen zurück. Viele Grüße!

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